DIEZ, 11. November 2015. Über 80 Gäste waren am vergangenen Samstag der Einladung des Albert-Schweitzer-Familienwerk Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. nach Diez gefolgt. In der Orangerie des Schlosses Oranienstein beging der gemeinnützige Verein den 20. Jahrestag seiner Vereinsgründung. Am 8. November 1995 um 17.05 Uhr hatte im Beisein von Willi Buchholz, dessen Vermächtnis (Haus und Besitz) Grundstein des neuen Vereines werden sollte, in dessen Haus in der Schaumburger Straße in Diez die Gründungsversammlung der Jugendhilfe-Einrichtung begonnen. Dies war Anlass zurück zu blicken: Was war die Idee? Was wurde verwirklicht? Wie sieht die Zukunft aus? Mitglieder, Mitarbeiter, Partner und Förderer aus Politik und Wirtschaft trafen sich, um eine Zwischenbilanz ziehen.

Stellvertretend für den erkälteten 1. Vorsitzenden Klaus Zell begrüßte Schatzmeister und Gründungsmitglied Detlev Reichel die anwesenden Gäste und bedankte sich beim Sanitätskommando II der Bundeswehr, das die wunderschönen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hatte. Seine kurz gehaltene Ansprache stellte Reichel ganz in den Kontext des Namensgebers des Vereines: „Mit dem Herzen zu denken, ist die rechte Art für den Menschen“ und „Was ein Mensch an Gütigkeit in die Welt hinausgibt, arbeitet an den Herzen und dem Denken der Menschen“. Die Philosophie des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer hätten der Verein und seine Mitarbeiter über die Jahre zu beherzigen versucht. Ehrfurcht und Verantwortung vor dem Leben eines jeden Menschen stünden im Mittelpunkt aller Bemühungen, die das überkonfessionell tätige Familienwerk unternehme, um in der heimischen Region Familien und Kindern in Not eine Stütze und Hilfe im Leben zu sein.

Landrat Frank Puchtler hob in seiner Festrede die Bedeutung des Familienwerks als Partner des Jugendamtes hervor. In den Jahren seit der Eröffnung der ersten Jugendgruppe 2001 habe der Verein mitgeholfen Lösungen für in Notlage geratene Familien zu finden und Kindern wie Eltern eine Zukunftsperspektive zu bieten. Dafür bedankte sich Puchtler bei allen Mitgliedern und Mitarbeitern der Einrichtung. „Gerade heute ist es angesichts einer härter werdenden Welt wichtig, dass man Hilfe bekommt und dass Menschen, die Glück hatten, Menschen, die nicht so viel Glück hatten, an ihrem Glück teilhaben lassen.“ Dabei erinnerte der Landrat auch an die nahe gelegene Flüchtlingsunterkunft in Diez. Bislang seien dort 24 Kinder eingetroffen, denen ohne Eltern und Begleitung die lange Flucht nach Deutschland gelungen sei und um die sich nun jemand kümmern müsse. Albert Schweitzers Name sei dabei Programm: „Menschlichkeit zu zeigen, als Vorbild Verantwortung für Menschen übernehmen – in diesem Bestreben seien sie unserer Unterstützung und dem Beistand durch das Jugendamt in Bad Ems versichert“, so der Landrat. Zum Abschluss überreichte er als weiteres kleines Dankeschön ein Geschenk an Schatzmeister Reichel. Auch der Beigeordnete der Stadt Diez, Alois Diebold, gratulierte im Anschluss und schloss sich den guten Wünschen für die Zukunft des Familienwerks an.

Marion Schmidt, die pädagogische Geschäftsleiterin, porträtierte anschließend das breite Hilfsangebot der Jugendhilfe-Einrichtung: Dieses reicht von der ambulanten Hilfe direkt in den Familien über die kurzfristige und zeitlich begrenzte Aufnahme von Kindern bei familiären Krisenfällen mit Gefährdung des Kindeswohls (Inobhutnahme) bis hin zur dauerhaften Unterbringung in den Kinder- und Jugendgruppen des Familenwerkes in Diez (Alter der Kinder 3-17 Jahre), wenn Kinder und Jugendliche nicht weiter bei ihren Familien leben könnten. Dabei stehe aber immer die Rückkehr in die Familien im Fokus der Bemühungen aller Mitarbeiter, so Schmidt. Derzeit betreue das Familienwerk ambulant rund 15 Familien bzw. einzelbetreute Kinder und Jugendliche vornehmlich im Rhein-Lahn-Kreis. Von den 13 Plätzen in den beiden Wohngruppen seien derzeit elf belegt, darüber hinaus stünden zwei Plätze für Inobhutnahmen zur Verfügung, die derzeit ebenfalls belegt seien. Auftraggeber für die Betreuung von Familien und Kindern seien dabei immer die Jugendämter, da diese auch immer den Großteil der Kosten für die jeweiligen Maßnahmen übernehmen, wobei die ambulanten Hilfen als gesetzliche Leistungen des Staates für die Empfänger immer kostenfrei sind. Neben Bad Ems steht das Familienwerk in engem Kontakt zu anderen Jugendämtern vor allem in Limburg, im Koblenzer Raum sowie im Rhein-Main-Gebiet.

Zur Unterhaltung der Gäste präsentierten dann einige der im Herti-und-Willi-Buchholz-Haus untergebrachten Kinder den „Cup Song“, den sie in den letzten Wochen mit ihren Betreuern für die Feier einstudiert hatten. Dieser war hervorragend vorgetragen, kam beim Publikum sehr gut an und wurde zu Recht mit viel Applaus bedacht.

Zum Abschluss der Veranstaltung überbrachte Heiner Koch als Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke in Berlin die besten Grüße. Der Landesverband aus Rheinland- Pfalz/Saarland gehört diesem Zusammenschluss seit 1998 an. Der Bundesverband pflegt die engen Kontakte zu den Enkelinnen Albert Schweitzers und unterstützt die derzeit zehn angeschlossenen Landesverbände bundesweit in den Bereichen Vereinsführung, Marketing, Spendenwerbung und Personalwerbung. „Dem Landesverband hier in Diez wünsche ich für die Zukunft die richtigen Entscheidungen, damit es gut weitergeht“, so Koch. Nach einem weiteren Geschenk des Albert-Schweitzer-Kinderdorf e.V. in Baden-Württemberg, das dessen Vorstand Heinrich Schüz überbrachte, startete dann der gemütliche Teil des Festes mit einem Buffet und Musik des Altendiezer DJs Markus Scherer (DJ Fireburny). Hier gab es noch viel Gelegenheit zum Austausch untereinander.