Politikverdrossenheit war gestern: Im niedersächsischen Bleckede setzen sich Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 21 Jahren jetzt aktiv für ihre Bedürfnisse und Ideen ein. Und sie werden gehört.

Die Idee, politisches Geschehen und Engagement an die junge Generation zu bringen, hatte Maik Peyko. Der 42-Jährige ist als Jugendpfleger beim Albert-Schweitzer-Familienwerk Niedersachsen tätig und kümmert sich um die Jugendarbeit in der Stadt Bleckede und den Gemeinden Neetze sowie Alt Garge.

Neben Kickern und Chillen, Gesprächen und Aktionen unterstützt die Jugendpflege nun auch das politische Engagement der ihr anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Dafür hat Maik Peyko einiges auf sich genommen, Partner und Förder*innen gesucht. Im Bündnis mit Aktion Mensch, dem Paritätischen Niedersachsen sowie der Paritätischen Jugend und dem VNB (Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen) hat das Projekt „Jugend-Politik Dialoge“ in Bleckede bereits im vergangenen Jahr seinen Anfang genommen. Wirklich vielversprechende Erfolge aber gab es ausgerechnet in 2020 zu verzeichnen – obwohl die Corona-Pandemie viel Engagement ausgebremst hat. Dies ist nicht zuletzt dem Jugendpfleger selbst, aber auch den politisch motivierten Jugendlichen und der Offenheit der örtlichen Politiker*innen zu verdanken.

„Mit dem Projekt möchten wir Kinder und Jugendliche beraten, unterstützen und begleiten, damit ihre Stimme vor Ort nicht nur gehört, sondern samt ihrer Interessen und Bedürfnisse auch ernst genommen wird“, betont Maik Peyko. Auch geht es ihm darum, gemeinsam mit den beteiligten Partnern vor Ort feste Beteiligungsstrukturen zu schaffen und den Kindern und Jugendlichen nachhaltig einen regelmäßigen Platz mit ihrer Stimme in Gremien und Ausschüssen zu verschaffen. Denn was scheint wie ein hochengagiertes Pilotprojekt, findet seine Verankerung doch im niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz. Dort befasst sich der §36 längst mit der verpflichtenden Beteiligung von Kindern und Jugendlichen am sie betreffenden politischen Geschehen. Maik Peykos Initiative stellt also auch ein Mahnmal dar, die Pflichten nachfolgenden Generationen gegenüber nicht aus dem Blick zu verlieren und Gremienarbeit als ein großes gemeinschaftliches Ganzes aller zu betrachten.

Ein erster Schritt ist getan, denn seit einem Jahr gibt es in Bleckede nun einen Kinder- und Jugendrat. Seit diesem Frühjahr ist ein Mitglied des Kinder- und Jugendrates offiziell beratend in gleich drei Ausschüssen – unter anderem dem Ausschuss für „Jugend, Sport und Soziales“ – vertreten. Das ist landkreisweit einmalig und alle Fraktionen haben diesen großen Schritt abgesegnet. Der Jugendpfleger selbst hat es als beratendes Mitglied ebenfalls in ein Gremium geschafft.

Das motiviert auch die Jugendlichen. An sie appelliert Maik Peyko: „Ihr selbst müsst euch für eure Interessen einsetzen. Wir können nur den Rahmen geben, euch begleiten und unterstützen. Aber es ist letztendlich eure Stimme, die gebraucht wird.“ Denn noch ist der Kreis der politisch aktiven Kinder und Jugendlichen in Bleckede überschaubar. Doch ein Anfang ist gemacht. Und vielleicht wagen junge Menschen den Schritt und lernen, sich auch in jungen Jahren schon zielgerichtet für ihre Bedürfnisse einzusetzen.

Für die Jugendarbeit vor Ort ist das jungpolitische Engagement in jedem Fall von sehr hohem Wert. Geht eine direkte Beteiligung doch weit über klassische Jugend- und Vereinsarbeit hinaus und schafft wertvolle Einblicke in das Wesen von Demokratie, Politik und Verwaltungsstrukturen.

Swenja Luttermann, Albert-Schweitzer-Familienwerk Niedersachsen

Fotos: pixabay.com; Familienwerk Niedersachsen