Frau und Herr Reil engagieren sich seit vielen Jahren mit Herzblut für unser Partner-Kinderdorf auf Cebu, Philippinen, sammeln Spenden und informieren regelmäßig über die Entwicklungen vor Ort in den öffentlichen Medien. Sie waren selbst bereits mehrmals vor Ort und berichten gerne über ihre Eindrücke aus dem Kinderdorf.
Liebe Frau und Herr Reil, wie hat Ihr persönliches Engagement begonnen?
Nachdem wir unser aktives Arbeitsleben beendet hatten, wollten wir, Luise (damals 62) und, ich Josef (damals 63), etwas Nützliches tun und dort helfen, wo es wirklich notwendig ist und wir unsere Fähigkeiten und Kenntnisse einbringen können.
Luise wollte schon immer einmal als Hausmutter in einem Kinderdorf helfen. Aber wegen der Familie und ihres Berufes war dafür nie Zeit. Und nachdem unsere Kinder und bereits teilweise unsere Enkel gut versorgt waren, begannen wir uns in unserer Heimatgemeinde Burgkirchen sozial zu engagieren. Luise half ehrenamtlich im Altenheim und im „Eine Welt Laden“. Ich begann Deutsch für Asylbewerber zu unterrichten. Den entscheidenden Impuls bekam Luise als wir eines Tages einen kurzen Bericht über das Albert-Schweitzer-Familienwerk im deutschen Fernsehen sahen. Wir entschieden uns für einige Wochen im „Children’s Haven“ Waisenhaus der Albert-Schweitzer-Organisation in Cebu, Philippinen zu arbeiten.
Was bewegt Sie, sich so für die Kinder dort einzusetzen?
Die Philippinen wählten wir, weil sich ein Jahr zuvor bei einer privaten Reise auf die Philippinen zwischen uns und einem philippinischen Ehepaar eine tiefe Freundschaft entwickelt hat. Mehrere Besuche und Gegenbesuche fanden bereits statt. Über diesen Kontakt hatten wir schon einen persönlichen Eindruck über die politische und wirtschaftliche Situation auf den Philippinen. Den Ausschlag für unser dauerhaftes Engagement gab natürlich unser Aufenthalt und unsere Freiwilligenarbeit in Children’s Haven im Februar/März 2017.
Sie sind selbst im Kinderdorf gewesen und haben für einige Wochen dort mitgearbeitet. Welche Eindrücke haben Sie aus der Zeit mitgenommen?
Schon am ersten Tag waren wir emotional tief berührt, wie wir von den Kindern, den Angestellten und der Leiterin, Frau Mercado, begrüßt wurden. Wir waren sofort ein Teil dieser großen Familie. In diesen 4 Wochen lernten wir eine Menge, wie all diese helfenden Hände engagiert waren, sich gegenseitig unterstützten, mit dem Ziel, diese benachteiligten Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern und ihre Bedürfnisse so gut es nur ging zu treffen.
Ja, wir bewundern die Leistung und das Verdienst von Frau Mercado und ihren Angestellten sehr. Die Hausmütter sind äußerst bemüht, die Kinder so gut wie möglich zu versorgen. Aufgrund der großen Anzahl der Kinder fällt dies nicht leicht. Die Küche bietet gute, abwechslungsreiche Kost, auch wenn das Essen mit einfachen Mitteln und Grundnahrungsmitteln hergestellt wird. Die Kinder werden auch sehr gut in ihren Hausarbeiten unterstützt und haben so die besten Bedingungen für ein besseres Leben. Besonders beeindruckt hat uns der Umstand, dass trotz der geringen finanziellen Mittel, der vorhandene – für unsere Verhältnisse unverstellbar knappe – Personalschlüssel und das für Kinder und Personal extrem knappe Platzangebot, die Kinder nicht nur hinsichtlich der Grundbedürfnisse in beispielgebender Weise versorgt, sondern diese teilweise schwer traumatisierten Kinder auch pädagogisch und psychologisch fachlich sehr kompetent in ihrer persönlichen Entwicklung und Reifung gefördert werden. In dieser Zeit realisierten wir, dass Albert Schweitzers Vision hier Realität geworden ist.
Ist Ihnen ein Erlebnis oder eine Geschichte besonders im Kopf geblieben?
Ja, da gäbe es viele einzelne Erlebnisse zu erzählen.
Luise: zum Beispiel das Erlebnis mit der Plastikschüssel, die ich für die kleinen Mädchen zum Baden gekauft hatte. Mariann hat das besonders genossen…. Oder die zig Läusekämme, die wir in verschiedenen Geschäften kauften, um die Kinder zu entlausen… und dabei uns selbst welche eingefangen hatten…oder die Friseurlektion, die ich Bernadette gegeben hatte, um sie an der gekauften Haarschneidemaschine anzulernen…
Josef: … oder eines meiner Erlebnisse…. Ich begann den älteren Kindern Deutsch zu unterrichten, und dabei lernte ich Honey einige bayerische Begriffe… die sie besonders schnell lernte und anwendete… sehr zur Überraschung und Belustigung von Luise…
Sehr beeindruckt hat uns beide auch die Tatsache, dass schon viele Ehemalige einen College- oder Universitätsabschluss erreichten. Die „Ahnengalerie“ wurde uns mit berechtigtem Stolz gezeigt. Und auch Erfahrung, dass immer wieder einzelne Kinder auf ein Skype Meeting zum Kennenlernen von potenziellen Adoptiveltern vorbereitet wurden. Für einige Kinder war diese Möglichkeit ein unverhofftes Glück… auch diese Geschichten, die uns Mart und ihre Angestellten erzählten, beeindruckten uns sehr.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Kinderdorfs auf Cebu?
Besonders wünschen wir uns für die Zukunft des Kinderdorfes, dass möglichst bald nicht nur die abgebrannten Gebäude wieder aufgebaut werden können, sondern auch noch mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um den Kindern ein besseres Umfeld zu schaffen. Trotz aller Bemühungen, Anstrengungen und Engagement sind sowohl das Platzangebot als auch die Anzahl der Betreuer viel zu klein, als dass auch nur annähernd eine Versorgung nach unserem bzw. notwendigen Standard erreicht werden kann. Dazu müssten die Gruppenstärken von zurzeit ca. 30 auf eine Kinderdorfmutter auf mindestens 15 reduziert werden können und die Unterbringungsmöglichkeiten, Betten, Spiel- und Lernorte vervielfacht werden. Wir werden nicht aufhören, dafür zu werben, dafür haben wir viel zu viel emotionale Verbundenheit mit den Kindern und allen Betreuer*innen entwickelt. Inzwischen waren wir dreimal im Kinderdorf Cebu und werden – so Gott will – das noch oft wiederholen können und in der Lage sein, jedes Mal einen kleinen weiteren Beitrag dafür zu leisten.