
In der Schule werden Klassensprecher*innen gewählt, um die Interessen der Schüler*innen zu vertreten – und auch im Kinderdorf wählen die Kinder und Jugendlichen untereinander einzelne, die für die ganze Gruppe sprechen: die Gruppensprecher*innen.
„Die regelmäßigen, moderierten Gruppensprecher*innen-Sitzungen bilden eine wichtige Form der strukturellen Beteiligung“, sagt Benjamin Albrecht, Heilpädagoge im Kinderdorf Erfurt. Neben den Interessen der Kinder und Jugendlichen stehe der Erwerb wichtiger Kompetenzen im Vordergrund: „Lösungsansätze für ganz unterschiedliche Themen werden im gemeinsamen Austausch entwickelt, was ein hohes Maß an Engagement, Organisations- und Kommunikationsfähigkeit verlangt“, sagt Albrecht. Das Ziel der Sitzungen: ein größtmögliches Maß an Mitbestimmung.
Demokratische Prozesse werden für die Heranwachsenden auf diese Weise erlebbar und konkret. Das motiviert, die eigene Umwelt aktiv mitzugestalten. Gewählt wird natürlich, wie bei den Erwachsenen, geheim. Manche Gruppensprecher*innen haben ihr Amt mehrere Jahre inne, andere werden wieder abgewählt.
In Sachsen-Anhalt finden die Sitzungen einmal im Monat statt. „Ab und zu begrüßen wir auch Gäste in unserer Runde“, erzählt Erzieherin Sandra Lücke vom Familienwerk Sachsen-Anhalt. Das Interesse von Kolleg*innen oder Praktikant*innen sei groß. „Sie wollen dabei sein, um live zu erleben, wie die Jugendlichen konstruktiv und respektvoll über Themen reden.“ Neben Organisatorischem geht es vor allem darum, was in den Gruppen aktuell los ist. „Manches Problem haben wir tatsächlich über Monate besprochen und immer wieder aufgerollt, aber wir sind anstrengungsbereit und haben Durchhaltevermögen“, berichtet die Erzieherin. Jede*r kommt zu Wort und kann eigene Gedanken einbringen. „Jugendliche haben oft gute Ideen, auf die Erwachsene nicht immer kommen.“
Sandra Lücke, Familienwerk Sachsen-Anhalt, und Benjamin Albrecht, Kinderdorf Erfurt
Dieser Text ist auch in unserem Kinderlandheft 03/2022 zum Thema Beteiligung zu finden.
Symbolbild: Canva