Care Leaver können künftig mehr von ihrem selbst verdienten Geld behalten
Gute Nachrichten für Care Leaver: Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat der umfassenden Reform der Kinder- und Jugendhilfe zugestimmt. Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz soll die Situation vieler Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbessern. Für die Älteren, die bereits eigenes Geld verdienen, bedeutet es auch eine ganz konkrete finanzielle Verbesserung: Sie können künftig mehr von ihrem Einkommen behalten.
Bisher gilt: Wer Geld mit einem Schülerjob, Praktikum oder einer Ausbildung verdient, muss 75 Prozent davon an das Jugendamt weitergeben. Nicht immer wird der volle Betrag tatsächlich eingezogen, aber das liegt allein im Ermessen des Jugendamtes. Um Kinder und Jugendliche darin zu bestärken, für sich und ihr Leben Verantwortung zu übernehmen, soll die Höhe der sogenannten Kostenheranziehung – also der Beteiligung an den Unterbringungskosten – nun deutlich reduziert werden. Künftig sollen nur noch 25 Prozent des Einkommens einbehalten werden. Ein Freibetrag von 150 Euro bleibt bestehen. Einnahmen aus Ferienjobs oder ehrenamtlicher Tätigkeit sind komplett freigestellt.
„Wir begrüßen die Reform der Kinder- und Jugendhilfe und insbesondere auch die Herabsenkung Kostenheranziehung“, sagt Margitta Behnke, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke. „Die Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe aufwachsen, haben ohnehin schon einen schwierigeren Start ins Leben als Gleichaltrige, die bei ihren Eltern groß werden. Der Weg in ein eigenständiges Leben wird ihnen bisher zusätzlich erschwert, indem sie kaum Möglichkeiten haben, Rücklagen zu bilden und auf den Führerschein oder die erste eigene Wohnung zu sparen.“ Behnke betont: „Das Prinzip der Kostenheranziehung bedeutet trotz der nun in Aussicht gestellten Verbesserung eine strukturelle Benachteiligung für diese jungen Menschen. Es setzt zudem falsche Anreize: Es bestraft Leistung.“
Aus der Opposition scheiterten zwei Anträge, die Kostenheranziehung ganz abzuschaffen.
Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – eines der wichtigsten Projekte von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) – hat zum Ziel, den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, junge Menschen in Heimen (darunter fallen offiziell auch unsere Kinderdörfer) und Pflegefamilien zu stärken, Teilhabe zu ermöglichen und allen Beteiligten mehr Mitspracherechte zu geben. Es sieht mehr Kontrollmöglichkeiten, aber auch mehr Hilfsangebote vor und soll zudem die Inklusion stärken.
Die Anforderungen, die Kinderheime und andere Einrichtungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis erfüllen müssen, sollen dem neuen Gesetz zufolge erhöht, die Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe und anderen Akteur*innen im Kinderschutz ausgebaut und verbessert werden. Fachkräfte, die das Jugendamt über gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung informieren, wie zum Beispiel Ärzt*innen oder Lehrer*innen, sollen künftig auch eine Rückmeldung erhalten.
In Deutschland leben knapp 22 Millionen Kinder und Jugendliche bis 27 Jahre. Etwa 1,1 Millionen sind auf die Unterstützung der Jugendhilfe angewiesen. Weitere 360.000 Kinder und Jugendliche brauchen wegen einer Behinderung Hilfen. Viele haben angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie noch einmal einen erhöhten Unterstützungsbedarf.
Sabrina Banze, Bundesverband