Spieleforscher gehen davon aus, dass Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr rund 15.000 Stunden spielen müssen. Das sind etwa sieben bis acht Stunden pro Tag!

„So, jetzt hast du´s schön warm“, flüstert Mina (5), wickelt ihre Puppe in ein Tuch und legt sie behutsam in den Puppenwagen, während ihr Bruder Tim (4) seinen Teddy mit „einen Löffel für Mama“ zum Essen ermuntert. Nur ab und zu sieht er auf und vergewissert sich, ob die Kinderdorfhausmutter in der Nähe ist. Wenn Kinder so konzentriert spielen, empfinden sie eine tiefe Befriedigung, die weit über bloßes Beschäftigt Sein hinausgeht.

Das war für Mina und Tim lange nicht möglich. Die Geschwister sind seit einem Jahr im Kinderdorfhaus. Die psychisch erkrankte Mutter kann auf unbestimmte Zeit nicht für die Kinder sorgen. Die Angst um ihre Mutter, mehrere Umzüge, die kleine und leere Wohnung, fehlende warme Mahlzeiten haben ihnen viele schwere Stunden bereitet.
Jetzt entdecken sie die Welt durch das Spielen neu. Sie lernen nicht nur „spielend leicht“, sondern das Spielen ist auch ihre Art zu lernen. Im Spiel suchen sich Kinder die Anregungen, die sie gerade für ihre Entwicklung brauchen.

Tim und Mina machen sich vertraut mit alltäglichen Gegenständen, wie sie beschaffen sind und worin sie sich unterscheiden und entwickeln so eine immer bessere Vorstellung von ihnen. Spielend üben sie ihre motorischen Fähigkeiten, lernen neue hinzu und wissen ihre Hände und Finger immer geschickter zu gebrauchen. Sicherheit ist der Grundstein für das Spielen und das Leben.

Mina und Tim glücklich beim Spielen.

Mina und Tim hatten vieles neu zu erlernen und spielten auch Spiele, die für ihr Alter untypisch waren. Die Geschwister mussten „nachreifen“! Dabei half ihnen das Spielen. Im Kinderdorfhaus geben die Pädagogen Sicherheit und Geborgenheit und begleiten die Kinder auch im Spielen wohlwollend. Wenn sie in der Nähe sind und liebevollen Blickkontakt halten, fühlen sich die Geschwister sicher und können sich ganz dem Spiel widmen.

Kinder lernen am besten, indem sie mit allen Sinnen spielen und sich bewegen. Daher sollte man dafür sorgen, dass sie so viel Gelegenheit wie möglich haben, um frei zu spielen. Mit Naturmaterial, Bauklötzen, Figuren, Kissen und Kartons erschaffen sie ganze Spielwelten und gehen vollkommen darin auf. In Puppen-, Arzt- und anderen Rollenspielen üben sie untereinander Kommunikationsfähigkeit und soziales Miteinander. Auf dem Spielplatz trainieren sie ihre Geschicklichkeit, die eng mit der späteren Lernfähigkeit verknüpft ist.

Durch die liebevolle Zuwendung im Kinderdorfhaus und in der Kita wurde für Mina und Tim freies Spielen wieder möglich und sie konnten viele frühkindliche Defizite überwinden.

Inka Peters, Familienwerk Mecklenburg-Vorpommern

Wie wichtig Spielen ist

Funktionsspiel: Babys entdecken sich selbst und ihre Fähigkeiten durch Greifen,
Schmecken, Hören
Konstruktionsspiel:  im 2. Jahr setzen Kinder sich erstmals Ziele, schaffen eigene Objekte
wie den Bauklotzturm
Als-ob-Spiel: ab 2 Jahre reicht die Vorstellungskraft, um Symbole zu bilden – aus dem
Bauklotz wird ein Telefon
Rollenspiel: mit 3 – 4 Jahre spielen Kinder immer öfter mit anderen
Gesellschaftsspiel: Ab 6 Jahre werden Spielregeln wie „Mensch ärgere Dich nicht“ immer
wichtiger und müssen eingehalten werden