An einem grauen Februarmorgen klingelte in unserem Kinderdorf in Sachsen das Telefon. Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes war am Apparat – mit einem Notfall: ein kleines Baby, gerade geboren, die Mutter schwer drogenabhängig, der Vater nicht auffindbar. Ob wir nicht kurzfristig einen Platz für den Säugling hätten?

So schwer es uns fiel – für diesen Moment konnten wir dem kleinen Jungen keinen Platz anbieten. Unsere Kinderdorffamilien und Wohngruppen sind in der Regel voll besetzt. Doch wir hatten eine Perspektive: Im Januar 2022 werden wir nach der Renovierung eines unserer Häuser in Dresden mit einer neuen Kinderdorffamilie starten. Die Hauseltern dafür hatten wir schon, nur das Haus war noch nicht fertig.

Gemeinsam mit dem Jugendamt fanden wir eine gute Lösung für das Neugeborene: Der kleine Jonathan* wurde zunächst von einer liebevollen Kurzzeit-Pflegemutter betreut und anschließend von dem zukünftigen Hausvater unseres Kinderdorfes übernommen. Bis unser Kinderdorfhaus fertig renoviert ist, leben sie in dessen Privatwohnung und können nun schon eine Beziehung zueinander aufbauen.

Für Jonathan ein Glückstreffer: Nach seinem schweren Start ins Leben, der für ihn mit einem Entzug auf der Intensivstation begann, kann er nun nach und nach in dieser Welt ankommen. Zwar wird er für immer mit den Folgen des Drogenmissbrauchs seiner Mutter während der Schwangerschaft leben müssen. Doch die frühe Hilfe, die er nun bekommt, wird seine Entwicklung positiv beeinflussen.

Einen solchen Weg sind wir noch nie gegangen. Und nicht immer funktioniert das so. Jedoch sind wir stets an Lösungen im Sinne der Kinder interessiert. Nun muss die Renovierung schnell vorangehen, damit die neue Kinderdorffamilie einziehen kann. Denn neben Jonathan warten noch vier weitere Kinder auf den Einzug bei uns. Die ersten beiden, ein junges Geschwisterpaar, stehen schon in den Startlöchern. Wie Jonathan kommen sie aus zerrütteten Verhältnissen und warten nur darauf, in unserem Kinderdorf ein dauerhaftes und vor allem liebevolles Zuhause zu bekommen.

Die Renovierungsarbeiten sind in vollem Gange. Was wir können, machen wir selbst. Unsere beiden Hausmeister sind mehrmals pro Woche auf der Baustelle und bereiten das Haus für die neue Familie vor. Aber natürlich benötigen wir auch die fachmännische Unterstützung von Handwerkern.

Wenn alles nach Plan verläuft, können die neuen Hauseltern schon bald gemeinsam mit ihrer leiblichen Tochter (6) einziehen. In dem großen Haus hat zuvor auch eine Kinderdorffamilie gewohnt, die nun in einen kleineren Wohnraum umgezogen ist, weil die Kinder nach und nach erwachsen werden. Insgesamt fünf Kinderdorfkinder sollen hier bald ein Zuhause finden.

Maria Grahl, Kinderdorf Sachsen

* Name zum Schutz des Kindes geändert

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