Familienwerk Mecklenburg-Vorpommern
Andrea kam genau am Tag ihrer Einschulung zu uns ins Kinderdorfhaus nach Wolgast. Damals war sie gerade sechs Jahre alt. Plötzlich Schulkind sein und Kinderdorfkind an einem Tag – eine echte Herausforderung für so einen jungen Menschen. Mit ihrer aufgeweckten und lieben Art hat sie schnell Anschluss gefunden und sich einen festen Platz im Herzen der Kinderdorfhauseltern reserviert. „Im Kinderdorf fühle ich mich wohl, finde Geborgenheit, Schutz, Zuwendung und ich kann mich fallen lassen, wenn der Tag mal anstrengend war“, sagt sie noch heute.
Seitdem sind zwölf Jahre „Schule des Lebens“ vergangen, die Andrea mit viel Fleiß, Durchhaltevermögen und Engagement gemeistert hat. Mit ihrem Schicksal, nicht bei den leiblichen Eltern und Geschwistern aufwachsen zu können, ist sie immer sehr bewusst und offen umgegangen. Sie konnte ihre Familie besuchen und ihre Kindheit dadurch relativ unbeschwert im Kinderdorf verleben. Viele schöne Hobbies haben ihr über so manche schmerzvollen Gedanken hinweggeholfen. Andrea hat früh angefangen, Musik zu machen. In der Musikschule lernte sie Gitarre spielen und später fing sie an zu tanzen. Besonders der Linedance hat ihr sehr gefallen. Auch Töpfern in der Schul-AG und andere kreative Beschäftigungen haben sie immer begeistert.
Die behütete Kinderdorfzeit bei Familie Hinzpeter ging leider sehr schnell vorbei. Die 10. Klasse der Realschule hat Andrea trotz einer Lese-Rechtschreibschwäche mit einem guten Zeugnis geschafft. Dafür hat sie immer viel üben müssen. Schon in der Schulzeit absolvierte sie Praktika in Kindergärten und Horteinrichtungen, denn ihr Ziel stand früh fest: „Ich werde Erzieherin!“
Im September 2015 hat dann die Erzieherausbildung begonnen. Dafür zog Andrea unter der Woche ins Internat und kehrte nur an den Wochenenden und in den Ferien zurück ins Kinderdorfhaus. Das war eine große Umstellung für das junge Mädchen. Zwei Jahre der Ausbildung sind mittlerweile geschafft und Andrea freut sich auf die nächsten drei Jahre.
Im Oktober feierte Andrea ihren 18. Geburtstag und konnte von ihrem Ersparten mit dem Führerschein beginnen. Ihre Selbständigkeit probt sie in einer kleinen Einliegerwohnung, die am Kinderdorfhaus angebunden ist. Selbst einkaufen und kochen, saubermachen und Termine wahrnehmen – das hat Andrea schon früh gelernt. Zum 1. August zieht sie in eine eigene Wohnung auf dem Internatsgelände. Dann verlässt sie das Kinderdorfhaus und kommt als Freundin des Hauses zu Besuch. Der Kontakt zu den Hauseltern wird sicherlich nie abreißen, denn ein Zuhause bleibt immer ein Zuhause.