Das Clearing-Angebot des Waldenburger Kinderdorfs dient dazu, für das Jugendamt eine Bestandsaufnahme in krisenbelasteten Familien vorzunehmen und zu klären: Ist die Erziehungskompetenz der Eltern ausreichend und können die Kinder in ihrer Familie bleiben?

Den Sozialpädagog*innen Sina Sterle und Stefan Lohner stehen drei Monate für diese Aufgabe zur Verfügung. Innerhalb dieser Zeit ist der Kontakt zur Familie sehr intensiv. Jede Woche gibt es vier Hausbesuche, einmal pro Woche gemeinsam als Tandem-Team. Die Familien sollen Vertrauen fassen und spüren, dass sie in vielen alltagspraktischen Bereichen unterstützt werden. Nach der intensiven Clearingzeit mit umfangreicher fachlich-pädagogischer Diagnostik wird in einem Abschlussgespräch beurteilt, welche Entscheidung im Interesse der Kinder richtig ist. Können sie mit Unterstützung ambulanter Erziehungshilfen in der Familie bleiben? Oder ist die Unterbringung in einer stationären Einrichtung sinnvoll?

Unser allererster Clearing-Fall begann bei einem Erstgespräch mit der Mutter im Krankenhaus kurz nach der Geburt des Kindes. Frau S* war gesundheitlich und psychisch stark beeinträchtigt, auch ein Alkoholproblem ging daraus hervor. „Wir holten Mutter und Kind nach der Geburt in der Klinik ab, bei ihnen zuhause begann dann unsere Arbeit vor Ort“, erzählt Stefan Lohner. „Wichtig ist: Wir gehen in die Familien mit einer positiven Grundhaltung und dem Wissen, dass alle Eltern im Grunde gute Eltern sein wollen.“ In diesem Fall konnte die Erziehungsverantwortung des Vaters gestärkt werden, so dass er in den manisch-depressiven Phasen der Mutter zuverlässig einspringt. Das Baby konnte trotz aller Schwierigkeiten in der Familie bleiben.

„Die Funktionsfähigkeit der Familien ist und bleibt oberstes Gebot und die Herausnahme von Kindern das letzte Mittel der Wahl“. Darüber und auch sonst sind sich Sina Sterle und Stefan Lohner fachlich als auch menschlich einig.

Sina Sterle, Stefan Lohner, Susanne Wirth, Kinderdorf Waldenburg

*Name aus Datenschutzgründen nicht genannt

Dieser Beitrag ist auch in unserer KINDERLAND-Ausgabe 01/2022 erschienen, in der wir Geschichten über das Ankommen im Kinderdorf  gesammelt haben.