Seit einem Jahr begleiten wir die Familie Deutschmann bereits. Nun steht ihr zweites Weihnachtsfest im Kinderdorfhaus vor der Tür – und so ist dies der letzte Beitrag dieser Reihe. Wie geht es Nadine und Jörg Deutschmann jetzt, da sie ihren Traum – Kinderdorfeltern sein – tatsächlich leben? Ist der Job so, wie sie ihn sich vorgestellt haben? Und wie feiern sie dieses Weihnachtsfest, mitten im Lockdown?

Nadine Deutschmann ist gerade sehr erleichtert, als wir wenige Tage vor Weihnachten miteinander sprechen. Gerade hat sie das negative Corona-Testergebnis für eines der Kinderdorfkinder erhalten. Am Wochenende war der Anruf von der Schule gekommen: Eine Lehrkraft ist an Corona erkrankt. Alle Schüler*innen, die mit ihr Kontakt hatten, müssen in häusliche Quarantäne. Und zwar bis zum 24. Dezember. „Wie macht man das, bei so vielen Kindern im Haus?“, fragt sich Nadine Deutschmann. Sie achtet darauf, dass beim Spielen und abends auf dem Sofa erstmal nicht zu eng geknuddelt wird. Und kontaktiert am Montagmorgen direkt den Kinderarzt. Der macht einen Test.

Die Familie beschließt, die anderen Kinder, die als Nicht-Erstkontaktpersonen eigentlich ganz normal zur Schule hätten gehen dürfen, zu Hause zu behalten. Die Schulen der Kinder sind alle einverstanden, schließlich möchte niemand ein Risiko eingehen. Zum Teil bringen die Lehrer*innen die Aufgaben, die nun zuhause bearbeitet werden sollen, persönlich vorbei und stecken sie in den Briefkasten des Kinderdorfhauses „Leuchtfeuer“. „In einer Kinderdorffamilie hängen ja immer gleich noch viele andere Familien mit dran“, sagt Nadine Deutschmann. Die der Kinderdorfkinder, der Mitarbeiter*innen, Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen… Also lieber auf Nummer sicher gehen. Auch, damit Besuche bei den Herkunftsfamilien zum Fest möglich sind.

Mit dem negativen Testergebnis kehrt wieder Entspannung ein im Kinderdorfhaus. Soweit von Entspannung die Rede sein kann, bei insgesamt neun Kindern, die eine Woche vor dem eigentlichen Beginn der Weihnachtsferien nun alle schon zuhause sind, und Krankheitsfällen (zum Glück kein Corona) auch im Team. „Wir sind gut gerüstet für den neuen Lockdown“, sagt Nadine Deutschmann aber. Im November hat das gesamte Team den alten Sportraum des Hauses auf Vordermann gebracht. „Wir haben jetzt eine Kreativecke, eine Bauecke, eine Tischtennisecke und eine Snoezelecke. Da kommt so schnell keine Langeweile auf.“

Die Vorweihnachtszeit hat die Kinderdorffamilie bisher schon fleißig genutzt: „Wir haben Plätzchen gebacken, Weihnachtskarten für die örtlichen Altenheime gebastelt und Briefe an den Weihnachtsmann geschrieben. Alle Kinder haben sogar einen Antwortbrief erhalten. Und auch die Großen, die eigentlich schon nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben, fanden das ziemlich toll“, schmunzelt die Kinderdorfmutter.

An Weihnachten werden nur drei der Kinderdorfkinder mit den Deutschmanns feiern. „Die anderen besuchen ihre Herkunftsfamilien.“ Ein Weihnachtsessen im Restaurant am 26. Dezember – so wie beim ersten gemeinsamen Fest – ist im Corona-Jahr allerdings nicht möglich. „Wir werden einfach etwas bestellen.“

In der Teamrunde haben Nadine und Jörg Deutschmann neulich schon ein wenig zurückgeblickt auf das vergangene Jahr. „Auf der einen Seite fühlt es sich an wie ein Katzensprung. Auf der anderen Seite: Das war schon ein irre gefülltes Jahr! Im Mai haben wir ja erst unsere Abschlussprüfungen gehabt!“, staunt Nadine Deutschmann selbst ein bisschen.

Gemeinsam mit den Kindern werden die Kinderdorfeltern an Silvester noch einmal die vergangenen zwölf Monate Revue passieren lassen und sich gemeinsam Fotos ansehen. Zum Jahreswechsel kommt außerdem das Positiv-Glas zum Einsatz, das im Laufe der Monate fleißig befüllt wurde: „Immer sonntags hat jeder etwas Gutes aus der vergangenen Woche aufgeschrieben und ins Glas gepackt. An Silvester ziehen wir abwechselnd einen Zettel und lesen ihn vor – so können wir uns noch einmal gemeinsam bewusst machen, was wir für schöne Momente hatten.“

Und die Entscheidung, Kinderdorfeltern zu werden, zählt sie nach wie vor zu den guten Momenten? „Ja, sie fühlt sich immer noch richtig an“, sagt Nadine Deutschmann entschieden. „Natürlich gibt es stellenweise auch ein wenig Ernüchterung: Wir verbringen viel Zeit mit Büroarbeit, müssen oft viele unterschiedliche Meinungen unter einen Hut bringen – und ja, manchmal kommt die private Zeit mit unseren beiden Söhnen kürzer, als wir es uns wünschen würden.  Aber insgesamt stimmt die Realität sehr mit unseren Erwartungen überein. Wir haben uns das ja vorher auch lange und gut überlegt. Schon allein der Kinder wegen.“

Wir wünschen der Familie auch für die Zukunft alles Gute und bedanken uns dafür, dass wir ihr ein ganzes Jahr lang regelmäßig über die Schulter schauen durften und sie ihren Alltag bereitwillig mit so vielen Leser*innen geteilt hat. Und insbesondere den Kindern im Haus „Leuchtfeuer“ wünschen wir, dass der Titel ihres selbsteinstudierten Theaterstücks nicht Wirklichkeit wird: „Der Weihnachtsmann streikt“ – lieber nicht 😉 Frohe Feiertage!

Beitrag: Sabrina Banze

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