Manchmal sind es die leisen Momente, die ganz ruhigen, die uns begreifen lassen, dass von nun an alles anders wird. Nicht schlechter, aber doch anders.
Anders, als das was Julian* seit fast genau acht Jahren kennt. Denn vor acht Jahren nahm sein Kinderhausvater Holger Unkrig ihn in sein Zuhause auf, gab ihm Sicherheit und begleitete ihn durch Hochs und Tiefs. Er war Julians Fels in der Brandung, wenn der Junge nicht weiterwusste oder wenn die Traurigkeit sehr schlimm war. Wenn alle Kinder in den Weihnachtsferien zu ihren Familien fahren konnten, nur Julian nicht. Holger Unkrig war immer da. Auch in den Sonnenstunden. Julian liebte es, mit dem Kinderhausvater Bouletten zu braten – die schmeckten beiden besonders gut. Die gemeinsamen Ausflüge wird der Heranwachsende auch nie vergessen, die sind ganz tief drin.
Nun ist Julian 13 Jahre alt – und Holger Unkrig nimmt nach 26 Jahren als Kinderhausvater Abschied und zieht in eine andere Stadt. Er geht weg. Julian bleibt. Familie Deutschmann zieht ein. Ein junges und fröhliches Hauselternpaar. Sie bringen sogar einen Hund mit, der heißt Happy und Julian hat ihn bereits in sein Herz geschlossen.
Einen Brief an Herrn Unkrig möchte Julian trotzdem unbedingt schreiben, in dem stehen soll, wie sehr er ihn vermissen wird. Zwei Fotos von sich und den Hunden legt er dazu: ein Foto mit Jimmy, dem Hund von Herrn Unkrig, und ein Foto mit Happy, dem Hund der Deutschmanns.
Julian wünscht sich, dass Herr Unkrig ihn nicht vergisst. Aber das wird er nicht, auf keinen Fall. In den ganz leisen Stunden wird er Julians Foto sehen und sich an den Duft von frisch gebratenen Bouletten erinnern. Ganz bestimmt.
Aileen Schulze, Familienwerk Mecklenburg-Vorpommern
*Name zum Schutz des Kindes geändert
Symbolfoto: pen_ash auf Pixabay