"Süddeutsche Zeitung", Benediktbeuern – Heiner Koch freute sich, als er am Samstag im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern zu einem Jubiläumskonzert begrüßte. Zur Freude hatte der Geschäftsführer des Albert-Schweitzer-Familienwerks Bayern auch allen Grund. Immerhin galt es, die Gründung der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer vor 50 sowie des bayerischen Albert-Schweitzer-Familinewerks vor zehn Jahren zu feiern, die Kindern aus sozialer und persönlicher Not helfen. Weil Albert Schweitzer diese Idee sehr wichtig war, lieh er den Kinderdörfern vor einem halben Jahrhundert seinen Namen. So war es etwas Besonderes, als Koch die Schweitzer-Enkelin Christiane Engel empfing. Aus Los Angeles war sie angereist, um mit dem Sternquartett Prag – es besteht aus Mitgliedern des böhmischen Sinfonieorchesters Prag – Quintettfassungen von Mozarts Klavierkonzerten KV 415 und 238 zu geben.
Dass für das Jubiläumskonzert in Oberland geladen wurde, passte vortrefflich. Denn die Geschäftsstelle des Albert-Schweitzer- Familienwerks Bayern befindet sich in Königsdorf, in Bad Tölz gibt es einen Albert-Schweitzer-Waldkindergarten, und am kommenden Samstag wird ein weiterer in Penzberg eröffnet. Von Pädagogen betreut, wird in der freien Natur gespielt und gelernt. In ihrer Jugend reiste Engel mit Schweitzer durch Europa und Afrika. Zunächst studierte sie am Konservatorium in Zürich Klavier, um sich damm jedoch der Psychologie, Sozialanthropologie und Medizin zu widmen. Heute arbeitet Engel als Musikerin: „Mozarts Musik widerspiegelt meine eigenen Ideale von Harmonie, Liebe und Frieden“, sagt sie. Dass ihre Worte keine hohlen Phrasen sind, bewiesen ihre feinsinnigen Deutungen.
Mit malendem Anschlag vermochte Engel Ruhe und Zuversicht erwachsen zu lassen, ihr Mozart war aufrichtig empfunden. Trotz des schlechten Zustands des kleinen Flügels berührten das melacholische Augenzwinkern und die seelische Träumerei, die Engel aus den Tasten zauberte. Diese Empfindungen schlugen wiederum die Brücke zur Filmdokumentation über die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer, prämiert mit dem World-Media-Award, die nach der Pause gezeigt wurde. Nicht zuletzt vermittelte der Film persönliche Einblicke in das Denken von Albert Schweitzer. So hatte der Friedensnobelpreisträger selbst eine glückliche Kindheit und Jugend, seinen Vater nennt er einen "guten Freund": "Mir wurde klar, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist", wird Schweitzer in dem Film zitiert.
Es gebe ein Recht auf Glücklichsein.. Ehrfurcht und Respekt vor dem Leben sind die tragenden Säulen der Schweitzerschen Philosophie und Ethik. Hier knüpft die Arbeit der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer an. An der Spitze der aus Not leidenden Kindern zusammengesetzten Großfamilie sitze auch hier eine "Mutter" und ein "Vater". Jedes Kind wird persönlich gefördert und hat eine Bezugsperson. Pädagogisches und psychologisches Personal unterstützt die Arbeit. Wenn möglich, sollen die Kinder in ihre "Originalfamilie" zurückgeführt werden. "Es geht vor allem um ein Lächeln, das man den Kindern wieder schenkt", so eine Betreuerin. "Mitgefühl und Verständnis für den Menschen" – Christiane Engel hört sie wiederum in Mozarts Musik.
MARCO FREI

Die Eröffnung des Waldkindergartens in Penzbergbeginnt am 13. Oktober um 14 Uhr. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.albert-schweitzer.org