Beziehungsarbeit leisten und Nähe bieten, gleichzeitig eine professionelle Distanz waren – das ist ein ständiger Balanceakt.

Die Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe ist erfüllend und sinnvoll – und kann mitunter ebenso herausfordernd sein. Das wissen wir und behalten die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Kolleg*innen deshalb gut im Blick.

„Jeder Arbeitgeber muss die Sicherheit seiner Mitarbeiter*innen garantieren und eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen“, sagt Inka Peters, Geschäftsführerin des Familienwerks Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied des Bundesvorstandes der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke. „Bei einem Bürojob geht es da etwa um einen ergonomischen Arbeitsplatz – bei uns in der sozialen Arbeit spielen neben ansteckenden Kinderkrankheiten vor allem auch psychische Belastungen eine große Rolle, schließlich arbeiten wir mit Menschen.“

Unsere pädagogischen Fachkräfte betreuen und begleiten Kinder und Jugendliche aus hochbelasteten Familien, nehmen sie an in ihrem Schmerz und „leiden professionell mit“. Doch die Grenze zwischen dem Leid anderer und eigenem Leid verschwimmt schnell, da das gleiche neuronale Netzwerk im Gehirn aktiviert wird. So kann „empathischer Stress“ entstehen, der bis zum Burnout führen kann, wie Wissenschaftler*innen untersucht haben.

„Wir wissen um diese Vulnerabilität und bemühen uns darum, einen Rahmen zu schaffen, in dem unsere Kolleg*innen gesund bleiben“, betont Inka Peters. „Gespräche, kollegialer Austausch, Supervision sowie Fort- und Weiterbildungen sind etwa wichtige Instrumente.“

Wie die Kinderdörfer und Familienwerke sich noch besser aufstellen können, wird im vereinsübergreifenden Arbeitskreis für Arbeitssicherheit regelmäßig aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert. „Davon profitieren alle“, sagt Inka Peters, Gastgeberin des jüngsten Treffens im Mai, zu dem auch externe Beraterinnen eingeladen waren, um den Fokus zu schärfen.

Die Handlungsfähigkeit derjenigen, die in der Praxis tagtäglich mit den unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert sind, steht immer im Mittelpunkt. Beziehungsarbeit leisten und Nähe bieten, gleichzeitig eine professionelle Distanz waren – das ist ein ständiger Balanceakt, wie Inka Peters aus Erfahrung weiß. Gerade in der familienanalogen Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Und nicht nur auf der emotionalen Ebene: „Wir müssen viele Aspekte und Konfliktpotenziale mitdenken und unsere Mitarbeitenden gut aufklären. Ihr Schutz ist für uns ebenso wichtig wie der der Kinder.“

In Deeskalationstrainings bekommen sie beispielsweise Methoden an die Hand, um auch in schwierigen Momenten gut reagieren zu können. Peters: „Körperliche Gewalt kann ihnen in ihrer Arbeit durchaus begegnen. Ein Kind, dass in seiner Hilflosigkeit wild um sich schlägt, weil ihm das früher einmal geholfen hat, zum Beispiel. Dieses Kind wird Zeit brauchen, um neue Strategien zu erlernen. Und die Pädagog*innen brauchen ihrerseits eine gute Strategie, um damit umzugehen und offen zu bleiben für dieses Kind.“

Auch bei der Zusammensetzung der Gruppen wird zum Schutz sowohl der Kinder als auch der Erwachsenen genau hingesehen: „Wir müssen immer schauen, ob ein Kind mit seinen Individuellen Bedürfnissen in die Kinderdorffamilie oder Wohngruppe passt. Dabei ist auch entscheidend, welche Kompetenzen das jeweilige Team mitbringt und was die Kolleg*innen sich selbst zutrauen.“

Für jeden Hinweis ihrer Angestellten ist Inka Peters dankbar. „Vertrauensvolle Kommunikation ist wichtig, um Ohnmachtsgefühle gar nicht erst entstehen zu lassen und den Blick nach vorne richten zu können. Um handlungsfähig zu bleiben. Um helfen zu können. Und dabei selbst gesund zu bleiben.“

Sabrina Banze, Bundesverband