Viele junge Menschen hat das Kinderdorf in Sachsen schon in die Selbständigkeit begleitet. Manch einem dieser sogenannten Careleaver zog der Corona-Lockdown den Boden unter den Füßen weg. In der Krise zeigte sich, wie wichtig die Kinderdorfeltern als Ansprechpersonen für sie sind – auch noch Jahre nach dem Auszug. Dann allerdings durch ihren ehrenamtlichen Einsatz.

Bei Hausmutter Silke Borrmann klingelte in den vergangenen Monaten öfter das Telefon. „Schon bevor in Deutschland alles dicht machte, meldete sich unser Tobias bei uns“, erzählt sie. „Er ist Reisebusfahrer und kam gerade aus Spanien wieder. Dort hatte er gesehen, wie schlimm das Corona-Virus wütete.“ Tobias wurde vorsorglich getestet und musste bis zum Ergebnis in häusliche Quarantäne.

Bereits die wenigen Tage der sozialen Isolation waren hart für den 23-Jährigen. „Kaum lag das negative Testergebnis vor, wollte Tobias vorübergehend bei uns einziehen“, sagt seine damalige Hausmutter. „Aber aufgrund des absolut strengen Besuchsverbots ging das nicht. Für Tobias war diese Situation kaum zu ertragen.“

Mit vielen Telefonaten stand Silke Borrmann ihrem ehemaligen Kinderdorfkind in der Krise bei. „Es meldeten sich auch andere Ehemalige“, sagt sie. „Doch die meisten leben in Partnerschaften, haben bereits Familie oder Berufe, die sie auch während des Lockdowns ausführen konnten. Für sie war es leichter.“

Für Tobias bleibt es schwierig. Er wird bis zum Jahresende kaum arbeiten können. Sein einziger Anker bleiben seine ehemaligen Kinderdorfeltern. Silke Borrmann ist gern für Tobias da. „Die Betreuung unserer Kinderdorfkinder endet nicht mit dem 18. Geburtstag“, sagt sie. „Wir bleiben immer ‚Eltern‘ – dann allerdings ehrenamtlich.“

Maria Grahl, Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Sachsen